Porto Pollo – Wetterkapriolen, Gewitter und ein Orkan

Nachdem Annes Schwestern wieder den Heimflug angetreten und wir wieder zu zweit an Bord sind, gehen wir Anker auf und laufen erneut die weitgestreckte Bucht von Porto Pollo an. Die Windvorhersage für die nächsten Tage ist gut und wir freuen uns schon darauf, wieder Kitesurfen zu gehen.

Zum Kitesurfen kommen wir reichlich, erleben aber auch sehr wechselhafte Tage mit viel Starkwind, Flauten und Gewitter. Das Mittelmeer zeigt uns die gesamte Bandbreite seiner Wetterküche, regelmäßig ziehen Gewitterfronten und Regenschauern an uns vorbei, dann wieder kommt die Sonne hervor oder ist nachts am Horizont Wetterleuchten zu sehen. Der Blick auf die Wind- und Gewittervorhersage wird sowohl morgens als auch abends zur Gewohnheit, zu häufig ändern sich diese kurzfristig.

Nach anderthalb Wochen vor Anker neigen sich unsere Lebensmittelvorräte dem Ende zu. Da es in Porto Pollo keinen Supermarkt gibt, wir aber noch etwas zum Kiten bleiben möchten, nutzen wir einen Tag mit guter Wetterprognose für einen Shoppingtrip in das nur vier Seemeilen entfernte Palau. Während Anne frisches Obst und Gemüse kauft, fährt Philipp mit dem Dinghi zur Tankstelle und erledigt noch einige andere Kleinigkeiten. Am Nachmittag ist die Wetterprognose für den restlichen Tag noch stets gut, weshalb wir uns entscheiden, noch eine Pizza essen zu gehen, bevor wir zurück nach Porto Pollo fahren. Die Nacht wollen wir nicht vor Palau verbringen, der Ankergrund ist nicht nur mäßig und es steht ein unangenehmer Schwell, der unsere KISS gut hin und her schaukeln lässt.

Nach einem schönen Abend auf der Terrasse einer Pizzeria schlendern wir zurück zum Hafen, als wir am Horizont Wetterleuchten sehen. Ein Blick in den Wetterbericht zeigt, dass sich die Vorhersage während unseres Abendessens grundlegend geändert hat – in ca. zwei Stunden soll es ordentlich Gewittern, Starkwind inklusive. Jetzt aber schnell – Anker auf und unter Volldampf in Richtung Porto Pollo, wo ein sicherer Ankerplatz auf uns wartet. Auf halber Strecke dann steigt der Wind plötzlich innerhalb von Sekunden von entspannten 5kn auf 30kn an, es baut sich eine steile Windsee auf und wir rauschen mit achterlichem Wind im stockdüsteren auf Porto Pollo zu. Zum Glück bleibt das Gewitter selber auf Distanz, stattdessen prasselt ein starker Regen auf uns hinab. Klatschnass laufen wir in die Bucht von Porto Pollo ein, bei sommerlichen Temperaturen von noch stets 30° war uns das Ölzeug einfach zu warm. Unser Anker fällt, packt auf Anhieb und während wir noch in den trockenen Salon flüchten, lässt der Wind schlagartig nach und hört der Regen auf. Na toll!

Am nächsten Morgen scheint wieder die Sonne und weht ein schöner Kitewind. Auch die nächsten Tage scheint uns das Wetter wieder versöhnen zu wollen, wir genießen das Kitesurfen und den Sonnenschein.

Am 17.08.2022 gucken wir wie immer abends noch einmal auf die Wettervorhersage für die Nacht, reiben uns irritiert die Augen, öffnen die App auf dem Handy neu und staunen nicht schlecht: 85kn Wind sollen am nächsten Vormittag über uns hinwegfegen! Das entspricht Windstärke 12 oder auch „Orkan“…

Aus dem gemütlichen Abendessen wird nichts, wir machen das gesamte Boot Sturmklar, verstauen alle losen Gegenstände, stecken unsere gesamte Ankerkette und tauchen den Anker zur Sicherheit noch einmal ab. Unser Ankerplatz ist bei der angekündigten Windrichtung zwar geschützt, bietet aber nach Lee, also vom Wind weg, keinen offenen Seeraum, um im Notfall vor dem Sturm ablaufen zu können. So richtig wohl fühlen wir uns nicht, beschließen aber, das nächste Wetterupdate um 01.00 Uhr morgens abzuwarten. Sollte sich die Vorhersage nicht bessern, hätten wir immer noch genug Zeit, in den Golfo Saline zu verholen. Hier würden wir ebenfalls geschützt liegen und hätten zusätzlich offenen Seeraum nach Lee, sollte der Anker nicht halten.

Kurz vor dem Weckerklingeln um 01.00 Uhr morgens wachen wir vom Wind auf, der im Rigg heult. Ein Blick auf die Instrumente zeigt 45kn Wind, Windstärke 9. Unsere KISS vibriert richtiggehend im Wind, bleibt aber laut GPS an Ort und Stelle. Das Wetterupdate zeigt eine gegenüber dem Vorabend komplett geänderte Situation: auf Sardinien Sturm in der Nacht und am Vormittag, der Orkan hingegen soll über Korsika hinweg ziehen und uns verschonen. Wir sind erleichtert, beobachten noch ein wenig die Situation und legen uns wieder schlafen, nachdem der Wind etwas nachgelassen hat. Am frühen Morgen zieht dann eine weitere Front mit Windstärke 9 über uns hinweg und weckt uns. Wir sitzen erneut im Salon und beobachten die Instrumente und das GPS. Unser Anker hält noch stets top, unsere KISS bewegt sich nicht.

Am Vormittag lässt der Wind dann endgültig nach und pendelt sich bei „entspannten“ 20kn ein. Wir haben Glück gehabt – auf Korsika fällt die Bilanz mit unzähligen gestrandeten Booten und starken Schäden an Land deutlich trauriger aus. Über 100kn Wind sind hier an Land getroffen und sorgen noch Tage später unter den Seglern für Gesprächsstoff.

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