Ab ins Mittelmeer!

Die letzten Tage in Portugal vergehen wie im Flug. Kaum sind wir aus Lissabon wieder an Bord, kommen Philipps Eltern mit dem Wohnmobil zu Besuch. Nach der langen Anreise ist die Wiedersehensfreude bei allen groß und genießen wir die Zeit zu viert. Wir erkunden gemeinsam die Algarve und feiern Philipps Geburtstag mit einem Abendessen in einer Taverne mit lokalen Köstlichkeiten. Der Besuch ist leider viel zu schnell vorbei und die beiden treten den Heimweg an.

Während wir anschließend noch auf ein letztes Päckchen aus Deutschland warten, welches sich verspätet, bereiten wir die Überfahrt nach Gibraltar und von dort weiter auf die Balearen vor. Wir bunkern Lebensmittel, füllen den Wassertank auf, kontrollieren das Rigg und die Maschinen und machen unsere KISS nach der langen Liegezeit im Hafen so richtig seefest.

Und dann ist endlich das Päckchen da und legen wir ein letztes Mal aus Portimao ab! Bis Gibraltar sind es 180 Seemeilen und nach anfänglichen Schwachwinden unter Parasailor sausen wir am Nachmittag dann nur so dahin. Es wehen 15 Knoten halber Wind bei achterlicher Dünung, Paradebedingungen für unsere KISS. Wir machen gut Strecke. Die Nacht verläuft dann leider etwas unruhig, der Wind lässt nach, die See ist chaotisch und wir werden gut durchgeschaukelt.

Am nächsten Vormittag durchqueren wir dann das Orca-Gebiet in der Bucht von Cádiz, hier wurden bislang die meisten Vorfälle gemeldet und nicht wenige Segelboote manövrierunfähig von der Seenotrettung abgeschleppt. So richtig entspannen können wir nicht, aber die Situation ja leider auch nicht ändern. Also Augen zu und durch!

Gegen Mittag laufen wir bei schönem Schiebewind und unter Parasailor in die Straße von Gibraltar ein. Rechterhand erhebt sich die überraschend schroffe Küste Marokkos, die spanische Seite ist dagegen lieblich, wirkt mit ihren grünen Hügeln fast gemalt. Wir freuen uns, nicht nur das Orca-Gebiet unbeschadet durchquert zu haben, sondern jetzt auch in das Mittelmeer zu fahren! 3 Knoten Strom tun ihr übriges und schieben uns fleißig weiter in das Mittelmeer hinein.

War die Fahrt bis hierher navigatorisch nicht sehr anspruchsvoll, stellt die Einfahrt in die Bucht von Gibraltar uns noch auf eine die Probe. In der Bucht liegen unzählige große Pötte vor Anker und herrscht ein steter Strom von Frachtern, Bunkerschiffen und Schnellfähren in die Bucht hinein und hinaus. Auf Kanal 16 (dem allgemeinen Anrufkanal im Funkverkehr) wird sich rege ausgetauscht und Ausweichmanöver abgesprochen. Es geht zu wie in einem Ameisenhaufen! Wir haben uns für die Einfahrt aufgeteilt, Anne sitzt dauerhaft am Navi-Platz und hat den Plotter mit den AIS Daten im Blick, Philipp geht draußen am Steuerstand Ausguck.

Nach einer Stunde haben wir La Linea auf der spanischen Seite der Bucht erreicht und gehen müde und erschöpft, mit Blick auf den „Affenfelsen“, vor Anker.

Insgesamt verbringen wir zwei Tage vor Anker in Gibraltar, genießen das Frühsommerwetter und besuchen Gibraltar. Der Ort wirkt, als hätte man ein Stückchen Groß-Britannien in den Süden verpflanzt: rote Telefonzellen, viktorianische Häuser, englische Straßennamen und überall Palmen. Leider ist der Ort sehr touristisch und die Geschäfte an der Main Street sehr auf die Schnäppchenjäger ausgerichtet: es gibt elektronische Geräte, Alkohol und Zigaretten, Parfüm und Lederwaren.

Bevor wir weiterfahren, tanken wir noch einmal voll: bei 1,26€/l und einem nur halbvollen Tank lohnt sich der Abstecher zur Tankstelle in Gibraltar so richtig. Hoffentlich kommen wir möglichst weit mit den 220l Diesel, die sich nun in unserem Tank befinden!

Erneut unter Parasailor segeln wir nun in das Mittelmeer hinein. Die See ist glatt, der Himmel strahlendblau. Wir machen gemütliche 4kn Fahrt und kommen am Abend in Marbella an der Costa del Sol an. Der Ort galt einst als beliebter Ferienort der Reichen und Schönen; von dem alten Glanz ist nicht mehr viel zu sehen, die Altstadt ist nett, aber touristisch und für unseren Geschmack schon fast etwas künstlich. Die Gebäude sehen alle eher auf „alt gemacht“ als tatsächlich alt aus.

Nach nur einer Nacht fahren wir dann auch schon am nächsten Abend und über Nacht weiter nach Motril. Für die nächsten Tage ist Starkwind aus West angesagt und in Marbella würden wir gänzlich ungeschützt liegen. Der angesagte Wind lässt leider auf sich warten, wir motoren durch die Nacht und können erst im Morgengrauen die Segel setzen. Als Entschädigung erwartet uns dafür aber einer der schönsten Sonnenaufgänge auf See seit langem: während die Sonne orange leuchtend aufgeht, schwimmen Dutzende Delfine um uns herum, springen aus dem Wasser, spielen in den Wellen und am Bug der KISS. Es ist einer dieser magischen Momente auf See, die einen vergessen lassen, dass man verschlafen und müde im Schlafanzug aus der warmen Koje gekrabbelt ist und nun in eben diesem frierend vorne im Netz sitzt. Der Pullover und eine lange Hose müssen in solch einer Situation einfach warten.

Kurz vor Motril setzt der Wind dann so richtig ein und laufen wir bei 20-30kn in den Hafen ein. Morgen soll es so richtig doll wehen, Böen bis 50kn sind angesagt. Wir nutzen den Sturmtag für einen Ausflug in das nur wenige Kilometer entfernte Salobreña. Wir schlendern ein wenig durch die Altstadt, welche an einem Hügel gelegen ist und laufen zur alten Festungsanlage hoch. Leider haben wir uns noch nicht so ganz an die spanischen Öffnungszeiten gewöhnt, die Burg hat bis 17.30 Uhr Fiesta und es ist man gerade 15.00 Uhr. Sämtliche Cafés haben leider auch zu und so bleibt es neben dem Altstadtbummel beim Umrunden der Burg von außen. Der Ausblick auf die sturmgepeitschte See ist trotzdem schön!

Für den folgenden Tag planen wir, die gut 70 Seemeilen bis zum Cabo de Gata zu segeln, wo die „Malu“, ein befreundetes Boot von uns, bereits in einer geschützten Ankerbucht liegt. Wir laufen frühmorgens aus und setzen die Genua. Was folgt, ist ein Segeltag Deluxe! Bei 25-35kn Wind laufen wir unter gereffter Genua bei 2,5m Welle vor dem Wind ab. Die KISS loggt durchgängig um die 7-8kn Fahrt, wir surfen die Wellen hinunter, fahren in der Spitze 14,2kn! Der Autopilot hält die KISS wunderbar auf Kurs, selbst die sich brechenden Wellen werden sauber ausgesteuert. Wir sitzen derweil im Salon, trinken Kaffee, lesen, spielen unser Lieblingsspiel Qwirkle und genießen das Spektakel durch die Salonfenster.

Nach gut 60sm kommt schließlich das südöstliche Kap Spaniens, das Cabo de Gata, in Sicht. Zunächst sieht man nur steil aufragende Klippen und dahinter Berge. Wir runden das Kap und dann kommt auch schon unser Ankerpatz in Sicht! Zwischen zwei Hügeln öffnet sich eine liebliche Bucht mit sanften Hügeln und Graswiesen bis zum Strand – und mittendrin liegt die „Malu“. Kaum ist der Anker gefallen und das Boot klariert, haben wir auch schon das Beiboot zu Wasser gelassen und übergesetzt – schließlich erwartet uns ein fertig gekochtes Abendessen bei unseren Segelfreunden.

Wir bleiben drei Nächte in der Ankerbucht und wettern einen Sturm ab, bis zu 50kn Wind wehen über die KISS hinweg. Wir liegen aber super geschützt und schaukeln nur leicht in der Windsee, die sich über die kurze Strecke vom Strand hinweg aufbaut. Lediglich das Heulen im Rigg verrät den Sturm.

Nachdem der Sturm nachgelassen hat, segeln wir bei bestem Wetter und Leichtwind unter Parasailor gemächlich weiter nach Norden an der spanischen Küste entlang. Für eine direkte Überfahrt auf die Balearen passt der Wind nicht, wir planen die Passage stattdessen einige Tage später bei Nordwind. Dafür wollen wir aber zunächst so weit wie möglich nach Norden, um nicht aufkreuzen zu müssen.

Zum Abend hin flaut der Leichtwind entgegen der Vorhersage leider ab, die Nacht über motoren wir. Eine zähe Sache. Zum Mittag des nächsten Tages setzt wieder etwas Wind ein und können wir bis nach Alicante segeln, wo wir die Nacht vor Anker verbringen. Es folgt noch ein Tag Aufkreuzen entlang der Küste bis nach Moraira, bevor der angesagte Nordwind einsetzt und wir auf Kurs Ibiza gehen.

Die Überfahrt beginnt grau und regnerisch bei Starkwind. Bestes Nordsee-Segelwetter! Wir binden das erste Reff in unser Großsegel und werden mit Kurs am Wind ordentlich durchgewaschen, machen aber gut Fahrt. Nach 2,5 Stunden beschließt der Wind dann aber wieder, sich nicht an die Vorhersage zu halten und schläft ein. Wir starten die Motoren und werden durch die chaotisch nachlaufenden Wellen gut durchgeschaukelt. Ganze 4,5 Stunden hält das Windloch an, wir sind genervt vom Geschaukel und dem Brummen der Motoren. Zum Glück können wir die letzten 20 Seemeilen nach Ibiza bei leichten Winden wieder segeln und kommen im letzten Tageslicht auf den Balearen an.

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