Entlang der spanischen Ostküste

Von Benidorm, wo wir die Nacht verbracht haben, sind es nur knapp 20 Seemeilen entlang der Costa Blanca bis nach Alicante. Die Etappe zieht sich aber aufgrund der sehr leichten Winde gefühlt ewig hin. Zeit genug, um unterwegs ein paar Kartenspiele zu spielen und dabei größere Mengen Kaffee zu trinken…

Im Norden der Bucht von von Alicante fällt der Anker und am nächsten Morgen setzen wir uns in den Bus, der uns die wenigen Kilometer ins Stadtzentrum fährt. Alicante überrascht uns schon auf den ersten Blick positiv: der Ort ist hübsch, mit schattigen Alleen, kleinen Plätzen, Springbrunnen, Cafés und einer schönen Architektur, die nur gelegentlich von modernen Bausünden unterbrochen wird. Perfekt zum sich treiben lassen.

Nachdem wir uns in einem netten Café mit exzellentem Kaffee und leckeren Sandwiches gestärkt haben, nehmen wir den Anstieg zum Castel de Santa Barbara in den Angriff, welches hoch oben über der Stadt thront. Es ist warm, die Stufen und Wege rutschig vom Staub und steiler als erwartet. Aber schließlich kommen wir oben an und sind überrascht, wie weitläufig die Anlage ist. Der Ausblick über die Stadt und Bucht von Alicante ist toll, in der Ferne kann man sogar die KISS erahnen. Und mit jedem weiteren Wehrgang, den wir bis zum Gipfel erklimmen, wird der Ausblick besser. Ganz oben angekommen, eröffnet sich dann eine Rundumsicht bis in das Hinterland hinein, wo sich in der Ferne schwarze Wolken bedrohlich auftürmen. Ein Blick auf das Regenradar verrät uns, dass wir uns besser beeilen, wenn wir nicht klatschnass unten in der Stadt ankommen wollen. Schade, den Ausblick hätten wir gerne noch länger genossen!

Hatten wir die letzten Tage immerhin noch leichte Winde, ist für die Etappe bis Cartagena absolute Flaute vorhergesagt. Großartig ändern soll es sich die nächsten Tage auch nicht und dann anschließend auf Süd drehen. Auf Aufkreuzen haben wir wenig Lust und so motoren wir über Nacht die 80 Seemeilen bis nach Cartagena.

In Cartagena kann man nicht ankern, weshalb wir zum ersten Mal seit langem in den Hafen gehen. Es ist total ungewohnt, Fender und Leinen parat zu legen, statt den Anker vorzubereiten. Ein Gutes hat das Ganze aber: wir liegen super zentral, keine 5 Minuten zu Fuß von der Fußgängerzone und dem alten römischen Amphitheater entfernt. Und hier am Festland sind die Hafengebühren gegenüber den Balearen auch wieder moderat. Kaum haben wir die KISS vertäut, fällt unser Blick auf dutzende Römer, die überall an der Hafenpromenade und dem dahinter liegenden Platz verteilt stehen und sitzen. Einige haben ein Bier in der Hand, andere sitzen wiederum in den touristischen „Eisenbahnen“, welche einen durch die Stadt fahren. Allesamt haben sie aufwendige Kostüme an, auch die Kinder und sogar Babys tragen Kostüme.

Bei der Hafenmeisterin, ebenfalls als Römerin verkleidet, erfahren wir, dass aktuell die Römerfestspiele stattfinden. Heute soll es noch eine kleine Parade mit anschließenden Festspielen geben, morgen dann die ganz große Parade als Abschluss der Feierlichkeiten. Perfektes Timing!

Bevor die Parade losgeht, bummeln wir durch die Innenstadt, welche richtig hübsch und lebendig ist. Die historischen Gebäude scheinen größtenteils intakt erhalten zu sein, die überall anwesenden Römer tragen zu einem ungewöhnlichen Flair bei. Die „kleine“ Parade später am Tag ist größer als erwartet, über eine Stunde lang marschieren römische Legionäre, Musiker und Zivilbevölkerung an uns vorbei, wobei die Legionäre mit Abstand am beeindruckendsten sind. Die Rüstungen sind aufwendig gearbeitet und das Marschieren scheinen sie im Vorfeld auch fleißig geübt zu haben. Angeführt werden sie von Bannerträgern und zum Teil sogar von Streitwägen mit Pferden.

Zurück an Bord setzen wir uns mit einem Sundowner auf das Dach der KISS und beobachten das muntere Treiben an der Hafenpromenade. Plätze in erster Reihe quasi 🙂

Das römische Theater von Cartagena ist erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bei Bauarbeiten entdeckt worden und war im Laufe der Zeit mehrfach überbaut worden. Schwer vorzustellen, fasste es doch einst 10.000 Zuschauer und ist, wenn man oben auf den Rängen, einfach nur riesig. Es ist umfassend restauriert und wird in einem ergänzenden Museum toll erklärt. Ein absolutes Highlight in Cartagena, wo wir dann auch fast den gesamten Vormittag des nächsten Tages verbringen.

Römer bis zum Abwinken gibt es dann am Nachmittag bei der großen Parade zum Abschluss der Feierlichkeiten. Und „groß“ meint wirklich groß. Über drei Stunden dauert die Parade, dutzende Musiker mit Trompeten und Trommeln sorgen zusammen mit den im Takt marschierenden Legionären für Gänsehautfeeling. Mit dem Einbruch der Dämmerung kommt noch Feuerwerk hinzu, welches die Straßen in ein rotes Licht taucht. Wir sind beeindruckt und froh, durch Zufall zum richtigen Zeitpunkt in Cartagena gewesen zu sein!

Unsere letzte Etappe an der spanischen Westküste verspricht entspannt zu werden: achterliche Winde sollen uns bis zur großen Ankerbucht am Cabo Gata tragen, wo dann unsere beiden Freunde von Bord gehen werden. Wir genießen einen wunderbaren Segeltag und einen tollen Sonnenuntergang auf See, als sich im Süden am Horizont eine dunkelgraue Wolkenwand aufbaut. Plötzlich ist der Wind weg und setzt einige Minuten später mit 30kn aus Süd wieder ein. So ein Mist! Schnell wird das Geschirr vom Abendessen in der Spüle verstaut und das Boot notdürftig sturmklar gemacht. Die Wellen werden indes immer höher und wir fangen an, aufzukreuzen. Die Windvorhersage liegt komplett daneben und wir überlegen, was wir tun sollen. Nach einigem Hin und Her beschließen wir, weiter aufzukreuzen und ggf. die Bucht von Rodalquilar als Notankerplatz anzulaufen.

Früh am nächsten Morgen, wir kreuzen noch stets in hohen, steilen Wellen nach Süden und machen dabei kaum Strecke über Grund gut, da der Wind ständig zu unserem Nachteil dreht, können wir endlich Rodalquilar anlegen. An die Bucht am Cabo Gata ist nicht zu denken, hier würden wir noch locker 8-10 weitere Stunden aufkreuzen. Nachdem der Anker gegen drei Uhr Morgens gefallen ist, legen wir uns todmüde in die Kojen – schlafen konnte bei dem stürmischen Wetter bislang keiner von uns.

Die Bucht von Rodalquilar ist bei Tageslicht betrachtet ziemlich rau, aber hübsch. Zeit für einen Erkundungsgang bleibt uns aber nicht, eine Busverbindung zum Flughafen gibt es hier leider nicht, weshalb wir weiter wollen. Der Wind bläst noch stets kräftig aus Süd, die Wellen sind inzwischen aber länger und damit nicht mehr so steil. Im Windbericht steht indes noch stets eine angenehme nördliche Brise und wir wundern uns ein wenig, wie sehr die Realität von der Vorhersage seit nunmehr über 12 Stunden abweicht!

Die KISS macht ihre Sache auf dem Weg nach Süden gut, das Vordeck wird regelmäßig in Salzwasser gebadet und aus den 15 Seemeilen direkte Strecke werden aufgrund von Winddrehern am Kap am Ende dann 40. Nichtsdestotrotz laufen wir am späten Nachmittag dann endlich die Bucht am Cabo Gata an und gehen neben nur einem weiteren Boot vor Anker. Die Natur am Cabo Gata ist rau und karg, das diffuse Licht und die einsetzende Abenddämmerung erzeugen eine spannende, wenn auch etwas farblose Stimmung.

Bevor die Sonne untergeht, wollen wir noch auf den Hügel, der die große Ankerbucht nach Süden begrenzt, hochsteigen. Oben angekommen, kommt die Sonne dann noch kurz hinter den Wolken hervor und färbt den Himmel orange, die Pflanzen gelb-grün und das Meer wieder blau. Ein toller Anblick, der aber mit der untergehenden Sonne dann auch schnell wieder zurück  ins graue wechselt.

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