Mallorca – die wilde Nordwestküste

Nach einer entspannten ersten Nacht zu viert an Bord – Philipps Eltern sind zu Besuch gekommen – laufen wir aus der Bucht von Santa Ponça in Richtung Nordwesten aus. Es weht eine leichte Brise, die uns unter Großsegel und Genua gemächlich vorwärts schiebt, uns aber nach nur 1,5 Stunden im Stich lässt. Unter Motor geht es weiter, zwischen Mallorca und der vorgelagerten Insel Dragonera hindurch und weiter bis zur Cala Ses Hortiges. War die Küste Mallorcas im Südwesten noch verhältnismäßig Flach, werden die Felsklippen an der Nordwestküste immer höher und steiler. Es ist eine wilde und beeindruckende Landschaft, wir sitzen fast durchgängig im Cockpit und staunen nicht schlecht.

Auch unser Ankerplatz für die Nacht, die Cala Ses Hortiges, bildet keine Ausnahme und wird von hohen Felsen eingerahmt. Schutz bietet sie – außer vor Ostwinden – keinen. Wald steht bis zum Wasser hinunter und das Ufer ist von Geröll gesäumt. Das Wasser ist kristallklar, man kann ohne Probleme den Anker auf 10m Wassertiefe liegen sehen. Dazu wimmelt es vor Fischen – zum Schnorcheln ein Traum! Abends lassen wir dann noch die Drohne steigen und genießen ansonsten die völlige Ruhe und Abgeschiedenheit.

Am nächsten Tag, nachdem die Drohne noch fix eine weitere Runde geflogen ist, geht es weiter in den Puerto de Sóller, einer geschützten Ankerbucht mit kleinem Hafen, die zum weiter landeinwärts liegendem Städtchen Sóller gehört. Die Ankerbucht ist rappelvoll, kein Wunder, ist sie doch eine der wenigen geschützten Orte an der gesamten Nordwestküste.

Wir verbringen insgesamt zwei Nächte in Puerto de Sóller und fahren mit der historischen Tram nach Sóller hoch. Die Tram ähnelt denen in Porto und Lissabon sehr, ist von innen mit Holz verkleidet und rattert lautstark über die Gleise. Vor unserem Fenster zieht zunächst die Ankerbucht vorbei, später dann Gärten, Wiesen und Felder, bevor die Tram einen letzten Bogen über den Marktplatz Sóllers fährt und rumpelnd zum Halt kommt. Ein tolles Erlebnis!

Sóller selber ist ein süßes, kleines Städtchen, welches sich seinen Charme erhalten hat. Die Gassen sind eng, die Häuser alt, aber gepflegt und die Cafés und Restaurants sind gut besetzt. Auch wir setzen uns auf dem Marktplatz dazu und genießen unser Mittagessen in dieser quirligen Atmosphäre, bevor wir den Rückweg zur KISS antreten. Am Hafen angekommen, gibt es dann noch ein Orangeneis, die hiesige Spezialität und von anderen Seglern wärmstens empfohlen. Seinen Ruf hat das Orangeneis zu Recht, es schmeckt total erfrischend und null künstlich!

Von Sóller aus ist es nur eine kurze Fahrt in die Sa Calobra, der berühmten Schlucht im Nordwesten der Insel. Auch der Ankerplatz hier ist, wie schon in Ses Hortiges, beeindruckend. Hohe Felswände rahmen den Ankerplatz ein, am Ufer befindet sich ein kleiner Kiesstrand zwischen den Felsen. Fast hat man das Gefühl, auf einem Bergsee in den Alpen zu ankern! Nach einer ruhigen Nacht vor Anker mit einem sternenklaren Himmel, machen wir uns auf, die Schlucht zu erkunden. Über den Kiesstrand geht es hinein in die Schlucht und wir folgen dem Bachlauf, der zur Regenzeit vermutlich deutlich wilder als jetzt ist, bis zu einem kleinen Teich. Hier heißt es für unsere Vierergruppe Endstation, ab hier geht es nur noch über Stock und Stein kraxelnd weiter.

Am Nachmittag, Philipp und seine Eltern entspannen sich an Bord, geht es dann noch einmal für Anne durch die Schlucht zum Teich und von dort weiter. Durch die gesamte Schlucht zu laufen wäre um diese Uhrzeit etwas weit, aber auch die Wanderung eine Stunde in die Schlucht hinein und wieder heraus bietet ein beeindruckendes Erlebnis: links und rechts hohe Felswände, eine mitunter sehr enge Schlucht und ein Boden aus Kies und großen Geröllsteinen, über die es zu klettern gilt. Gelegentlich versperrt ein größerer Stein den weiteren Weg, hier heißt es dann überlegen, wie dieses Hindernis überwunden werden kann. Trittsicherheit ist absolut erforderlich!

Unser nächster Zwischenstopp an der Nordwestküste heißt Cala Vincenc und ist eine wunderschöne Mischung aus türkisem Wasser und felsiger Umgebung, die zwar nicht so beeindruckend ist wie die bisherigen Felsklippen, aber trotzdem noch einen rauen Charme hat. Von hier ist es nach Puerto de Pollença an der Nordküste Mallorcas nicht weit, zumindest auf dem Landweg. Wir machen einen kleinen Abendspaziergang quer über die Halbinsel, bevor wir im Ort noch einen Sundowner in einer Bar am Strand genießen.

Der Cala Figuera kurz vor dem Kap Formentor statten wir am nächsten Tag nur einen kurzen Besuch über Mittag ab, über Nacht soll ein unangenehmer Schwell in die doch recht offene Bucht stehen. Auch diese Cala ist absolut sehenswert, hohe Berge rahmen sie ein, am Scheitel ist ein kleiner Strand. Bei uns kommt schon fast wieder Bergsee-Feeling auf, wäre das Wasser beim Schnorcheln nur nicht so salzig!

Die Nacht verbringen wir dann auf der anderen Seite des Kap Formentor in der Cala en Gossalba, die unterschiedlicher nicht sein könnte: sanfte Hügel, Pinienbäume bis zum Wasser, freilaufende Ziegen und eine wunderschöne Seegraswiese unter Wasser, die schnorchelnd erkundet wird.

Unsere letzte Nacht zu viert verbringen wir vor Alcudía, von hier fährt morgens ein Shuttlebus zum Flughafen. Bevor es aber soweit ist und wir (vorläufig) Abschied nehmen müssen, gehen wir abends stilecht Tapas essen und Sangria trinken. Die Stimmung im Restaurant ist ausgelassen und lebendig, die Tapas lecker, die Aioli sehr knoblauchlastig und die Sangria fruchtig-erfrischend: ein wunderschöner Abschluss eines sehr gelungenen Besuchs und einer spannenden Entdeckungstour entlang der wilden Nordwestküste Mallorcas!

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